Frühlingsnachmittag. Ich sitze auf meinem Balkon und zwinkere der Sonne zu. Der Urlaub kann kommen. Ich werde ihn mit zusammen gekniffenen Augen verbringen, denn der Wetterbericht sagt kein Wölkchen voraus. Entspannung vorprogrammiert.
Mein Handy klingelt. Lukas ist dran.
„Hi! Wollte nur sagen, Mama kommt ja am Ende der Woche zu Besuch. Könntest du bitte etwas saubermachen? Du hast ja schon Urlaub und du weißt ja, wie sie ist.“
Ich sage geistesabwesend „Klar“. Den Ernst der Lage erkenne ich erst, nachdem ich aufgelegt habe.
Erinnerungen stürmen auf mich ein. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Meine Schwiegermama in spe heißt Herta. Herzlich und total liebenswert ist sie. Aber sie hat eine Schwäche: Putzen. Nicht so ein Putzen für Normalsterbliche, nein. Ein Putzen auf Teufel komm raus. Hertas erklärtes Ziel: Den Schmutz austreiben. Da ist ihr jedes Putz-Mittel recht. Manche nennen ihre Schwiegermütter Schwiegermonster, meine ist harmlos: Sie ist nur ein Putzteufel. Andererseits, wenn sie putzt, ist sie vom Putzdämon besessen. Da kriegt es selbst der Teufel mit der Angst zu tun.
Ich war ein paarmal in ihrem Haus. Wie sauber es dort ist? Ich würde es so sagen: An einem trüben Tag geht man besser nicht ohne Sonnenbrille hinein, sonst wird man blind von reflektierenden Oberflächen. Und riechen tut es wie in einem Kräutergarten mit Limonadenteich. Auf Hertas Kühlschrank hängt ein einziger Magnet. Darauf zu lesen: „Ist das Haus blitz und blank, bleibst du immer rank und schlank.“ Ich glaube das ist Hertas Lebensmotto, denn rank und schlank ist sie. Wenn man Herta auf frischer Tat ertappt, bedeutet es: Man hat sie beim Putzen erwischt
Bei ihrem letzten Besuch war sie schon mit einem Putzlappen bewaffnet, als sie noch an der Türschwelle stand. Im Ernst. Sie hat immer einen Putzlappen in ihrer Handtasche dabei. Nur für den Fall. Und während Lukas und ich Kaffee gemacht haben, hat sich Herta mit den Worten „nur mal kurz drüber wischen“ über das Waschbecken hergemacht. Als sie gegangen war, war auch die allerhinterste Ecke des Hauses inspiziert und schmutzfrei gemacht.
Wie gesagt, ich erkannte den Ernst der Lage. Den kurz aufblitzenden Gedanken, das Haus selbst „etwas sauber“ zu machen, verwerfe ich sofort. Ich spiele nicht in Hertas Liga und wollte meine freie Zeit auch mal etwas genießen. Außerdem: ihren Anspruch an Sauberkeit kann nicht einmal der Meister der Allzweckreiniger erfüllen. Also zücke ich mein Handy und google nach „Wohnung reinigen lassen“ und finde: HappyMaids. Klingt gut und hat super Bewertungen! Einen Termin kann man gleich online vereinbaren. Donnerstag um 11:00 Uhr? Passt. Ich lehne mich zurück und zwinkere weiter der Frühlingssonne zu.
Alles läuft nach Plan. Am Freitag liege ich mit zusammen gekniffenen Augen im Park, während die Maids die Wohnung Schwiegermama-tauglich machen. Als ich zurückkomme, sind Lukas und Herta schon da – einen Tag früher als geplant. Ich sehe ein ungewöhnliches Bild: Herta sitzt auf der Couch. Anscheinend haben es die Maids rechtzeitig geschafft.
„Na, wollen wir einen Kaffee trinken?“ grinse ich Herta an.
„Welche Putzfee war denn hier zugange? Du etwa?“
„Nein, die HappyMaids„, gebe ich zu, „Die sind gut, was?“
„Sehr ordentlich“, sagt Herta und lehnt sich zurück.
Nach ein paar netten Stunden Beisammensein verabschiedet sich Schwiegermama, ohne auch nur ein einziges Mal ihren Putzlappen hervorgeholt zu haben. Ich bin happy.